WIR SIND ALLE – echt jetzt?

Inklusion an der Michaeli Schule Köln

Richtung Wochenende wird es an Schulen in der Regel zunehmend leerer. Klar, fünf Tage lang hat man sich als bunte Schulgemeinschaft durch den Lehrplan geackert, gewerkelt, gesungen und getanzt … jetzt aber ab nach Hause! Oder geht noch was?
An der Kölner Michaeli Schule war es am 10. und 11. Januar alles andere als leer. Rund 80 Teilnehmende zählte die glückliche Projektgruppe Inklusion, die unter dem Motto „WIR SIND ALLE“ zur Schulkonferenz eingeladen hatte. Aber ist dieser griffige Slogan nicht eigentlich völlig selbstverständlich? Wer soll denn sonst WIR sein, wenn nicht logischerweise ALLE? Denkt man jedoch ein klein wenig darüber nach, so muss man sich doch eingestehen, dass man das Wörtchen WIR nicht selten ziemlich exklusiv verwendet. Wir Frauen, wir Männer, wir im Westen, wir sind das Volk, wir Kinder aus Bullerbü. Ein WIR, in dem alle mitinbegriffen sind, ist vielleicht doch eher Zukunftsmusik? Allerdings eine schöne. Das jedenfalls haben sicherlich die Meisten von den eineinhalb inspirierenden Tagen Schulkonferenz mitgenommen.

Engagierte Debatten auf der Schulkonferenz

Das mit viel Arbeitseifer auf die Beine gestellte Programm zu „Vielfalt, Teilhabe und Inklusion“ war selbst vielfältig und interaktiv konzipiert. In Arbeitsgruppen wurde engagiert diskutiert und intensiver Austausch zwischen Lehrenden, Schüler*innen, Schulbegleiter*innen und Eltern ermöglicht. Impulse von wissenschaftlicher Seite kamen von Prof. Dr. Ulrike Barth (Alanus Hochschule), die wie auch das Organisationsteam den Wunsch hegt, das Thema Inklusion sehr viel breiter anzulegen, als es bis heute – vielfach verengt auf den Aspekt Behinderung – gesellschaftlich verhandelt wird.

Darüber hinaus wurden Anspruch und Wirklichkeit in Hinblick auf die Teilhabe ALLER an der Michaeli Schule aus Sicht der Lehrerschaft, aus Elternperspektive, von ehemaligen Schüler*innen sowie durch Gründungslehrer Herrn Cremers differenziert in Augenschein genommen. Zudem gab es die Möglichkeit, im Rahmen von drei spannenden Workshops (angeboten von sowohl internen als auch externen Kräften) sich und die Gemeinschaft beim Improvisieren, Jonglieren oder Arbeiten mit Ton intensiver kennenzulernen. Überhaupt erwies es sich für die grundsätzlich besonders gelungene Atmosphäre während der Konferenz als Glücksgriff, dass Auftakt und Abschluss beider Tage jeweils mit künstlerischen Impulsen für die gesamte Gruppe verbunden waren, sei es mit Sprache, Bewegung oder Musik.
In solch positiver und von gegenseitigem Respekt geprägter Stimmung wurde mitunter leidenschaftlich diskutiert über Fragen, die die Schulgemeinschaft bewegen:
– Wie findet Differenzierung im Unterricht statt?
– Wie können wir das Thema Vielfalt noch mehr und lustvoller im Schulalltag verankern?
– Wie sprechen wir über Inklusion und wie gehen wir schulintern mit ‚diagnostizierten‘ Unterschieden um?
– Wie können wir den Übergang zwischen Schule und Berufsleben verbessern?
– Stimmen die derzeitigen kommunikativen Abläufe?
Und was gibt es eigentlich gleich zum Mittagessen? Die letzte Frage ließ sich leicht beantworten: Suppe. Und Kuchen, denn Klasse 8 und 11 haben während der zwei Tage freundlicherweise für die Verpflegung der Teilnehmer*innen gesorgt.

Inklusion - ein gleichwertiger Platz für alle

Von der Schulkonferenz „WIR SIND ALLE“ ging gleich zu Beginn des neuen Jahres viel inhaltlicher Schwung, gesteigertes Bewusstsein für das Thema und viel gemeinschaftlich erlebte Inspiration aus. In gewisser Weise befindet man sich in Schule und Gesellschaft häufig auf halbem Weg zwischen Integration und dem eigentlichem Anspruch Inklusion.

Ein Ziel, das bedeuten würde, nicht mehr in einer schon fertigen Gesellschaft noch Platz für angeblich ‚Andere‘ zu schaffen, sondern eine Gesellschaft zu schaffen, die sich gerade dadurch auszeichnet, dass sich in ihr gleichwertiger Platz für ALLE findet.
Daher wird es auch bald heißen: Fortsetzung folgt. Wir bleiben dran und zwar gemeinsam. Zum Abschied gab es noch ein eigens komponiertes wegweisendes Lied gleichsam to go mit auf den Nach-Hause-Weg, den „Vielfalter“. Und dann war doch noch Wochenende, jedenfalls ein kurzes.
Martin Zingsheim